Marigold
Senior Mitglied
Liebe happys,
im Wetcanvas-Forum hat vor einiger Zeit ein Mitglied eine e-mail geposted, die er an Winsor&Newton geschrieben hat bezüglich Fragen zum Malmittel Liquin. Er postet auch die Antworten, die die technische Expertin des Herstellers gegeben hat. Ich finde, dieser Maler stellt sehr gute Fragen die bei der Verwendung von Liquin immer wieder auftauchen.
Ich denke dass daran hier im Forum auch Interesse bestehen könnte, und hatte mal versprochen eine Übersetzung des Briefes von W&N hier zu veröffentlichen. Rosis Frage hat mich wieder daran erinnert.
Hier der Link zum Original-thema: Best practices for using Liquin and Misuses to be avoided
Und hier der Text: :00000402:
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Dave: Meine Fragen stammen aus Internetforen, besonders Wetcanvas.com, und aus anderen Gesprächen mit Künstlern über ihre Art zu Malen und ihre Verwendung von Liquin. Ich bin vielen Künstlern begegnet, die auf Liquin schwören und die mit dem Produkt sehr zufrieden sind. Ich habe aber auch Leute gefunden, die sich genause stark gegen die Verwendung von Liquin aussprechen und sich sogar davor fürchten, es in ihren Ölbildern zu verwenden. Von den Gegnern wurden Behauptungen über Delamination in den Raum geworfen. Das hat mich alles sehr verwirrt. Ich habe lange Abhandlungen über das Für und Wider und die richtige und falsche Verwendung von Liquin gelesen, aber es sind immer noch Fragen offen.
Ich habe online ein paar Vorführungen gefunden, die wie offizielle Anleitungen von Winsor & Newton über die Eigenschaften von Liquin aussahen, und darüber wie es mit Ölfarben verwendet werden kann. http://www.youtube.com/watch?v=_GqKKYB8W7Y&NR=1 In diesem Beisiel werden einige Liquin-Produkte vorgeführt. Ich war erstaunt, wieviel Liquin zu den Ölfarben zugegeben wird! Ich hatte gedacht es wäre ein 80% zu 20% Kombination von Ölfarbe zu Malmittel, normalerweise ist das das Maximum an Malmittel. In dem Video scheint das Verhältnis beinahme andersherum, mit viel mehr Liquin als Ölfarbe. Gibt es ein empfohlenes Verhältnis von Ölfarbe zu Liquin die man beim Mischen beachten sollte? Ist es möglich zuviel Liquin zu verwenden?
W&N: Das Video mit der Vorführung in dem Link war mir nicht bekannt. Winsor & Newton gibt recht konservative Empfehlungen für das Verhältnis von Liquin zu Ölfarbe. Natürlich können Künstler darüber hinausgehende Mengen verwenden, solange die Regeln von fett auf mager, langsamtrocknent über schnelltrocknend Beachtung finden (wie es der Künstler in dem Video gemacht hat). Winsor und Newton rät dazu, nicht mehr als 1 Teil Liquin auf 2 Teile Ölfarbe zu nehmen. Mehr Liquin kann zu Runzeln und Wellen im Farbfilm führen, besonders wenn dicke Ölfarbe oder zusätzliches Leinöl hinzukommen. Um einen dauerhalften, zuverlässigen Farbfilm zu erhalten, sollte das angegebene Höchstmass beachtet werden.
Dave: Ist es in Ordnung, Leinöl oder andere Malmittel mit Liquin zusammen zu verwenden?
W&N: Die Empfehlung von Winsor und Newton lautet auch hier wieder, dass nur EIN Malmittel oder Öl pro Bild verwendet werden sollte. Sie können sich vorstellen, dass die Einhaltung der grundlegende Mal-regeln mit jedem zusätzlichem Material komplizierter wird. Mein Vorschlag wäre, dass Sie einmal versuchen in einigen Bildern ausschliesslich Liquin zu verwenden, bis Sie damit vertraut sind. Wenn Sie dann immer noch glauben auf Leinöl nicht verzichten zu können, geben sie zuerst nur kleine Mengen dazu. Halten Sie vor allem die Ölmenge in allen Farbschichten stabil. Tauchen sie zum Beispiel ihren Pinsel jedesmal in ein wenig Leinöl, bevor Sie damit das Liquin in die Ölfarbe mischen.
Dave: Wenn man Leinöl zu Liquin geben darf, dann macht es die Farbe aber fetter, oder?
W&N: Ganz so ist es nicht. Eine andere Beschreibung für „Fett auf Mager“ könnte lauten: „Elastische über weniger elastische Schichten“ Während Leinöl eindeutig „Fett“ ist, und Liquin ein Alkydharz - teilweise Fett (Sojaöl) teilweise Alkohol (Glycol), ist die spannende Sache an Liquin, dass es letztendlihc elastischer ist als Leinöl, jedenfalls langfristig nach dem Trocknen. Öle behalten nach dem Trocknen noch ca. 1-2% ihrer Flexibilität des nassen Öls. Alkydharze wie Liquin behalten dagegen mit 8-10% der ursprünglichen Flexibilität. Liquin verhält sich also wie ein fetteres Malmittel, denn es ist elastischer. Wenn Sie also wegen der Flexibilität mit Leinöl malen wollen, sollten Sie wissen dass Leinöl noch flexibler bzw. elastischer ist als Leinöl.
Dave: Darf zu Liquin Terpentin oder anderes Lösungsmittel hinzugefügt werden? Wenn ja, wird das Liquin dann dadurch magerer?
W&N: Das Lösungsmittel dass wir in Kombination mit Liquin empfehlen ist Sansodor, ein leicht aromatisches Mineralöl. Terpentin macht Liquin eher gummiartig und klebrig, deshalb ist es nicht zu empfehlen. Wenn Sansodor mit Liquin verwendet wird, macht es die Mischung magerer, analog zu Lösungsmitteln die zu Ölfarbe gegeben werden.
Dave: Regeln der Ölmalerei http://www.youtube.com/watch?v=f9nrQ1yyXV4&feature=mfu_in_order&list=ULIn diesem video kommt Liquin nicht vor, jedoch die Regeln „fett über mager“ und „dick über dünn“ und „langsam trocknend über schnelltrocknend“. Nach meinem Verständnis wird Liquin als „fett“ betrachtet und ist ebenso sehr elastisch. Die Hinweise in dem Video leiten mich an, immer mehr fettes bzw elastisches Malmittel zu jeder Schicht Farbe hinzuzufügen. Meine Frage lautet: Kann ich einfach dieselbe Menge Liquin in allen Schichten verwenden, oder muss ich in jeder Lage die Menge an Liquin vergrössern?
W&N: Ich habe mir das Video angesehen, weil es mir nicht bekannt war. Zwischen Liquin und Ölen oder ölreichen Malmitteln gibt es Unterschiede, die dafür sorgen dass Liquin seine eigenen „Regeln“ hat. Die optimale Weise, Liquin zu verwenden, ist mit der gleichen Menge Liquin in allen Farbschichten. Die anderen zwei Möglichkeiten sind, entweder schrittweise die Menge zu erhöhen, oder mit viel Liquin zu beginnen und dann immer weniger zu werden. Der Schlüssel liegt in der allmählichen Veränderung. Was vermieden werden sollte ist ein Sandwich-artiger Aufbau, etwa so: erste Lage, 40% Liquin – 60% Farbe. Nächste Lage, 10% Liquin – 90% Farbe. Und nächste: 30% Liquin – 70% Farbe. Das Problem in diesem Beispiel ist sind die plötzlichen Unterschiede im Liquinanteil von Lage zu Lage.
Dave: Ich habe auch Beispiele gesehen, die nicht aus offiziellen W&N Vorführungen stammen: http://www.youtube.com/watch?v=QteAPiwXYKM&feature=related, die zeigen wie Künstler die ganze Oberfläche der Leinwand dünn mit Liquin einstreichen und dann in diese Schicht hineinmalen, ich glaube das nennt man „painting in a couch“ und es soll helfen, neue Ölfarbe mit der darunter liegenden trockenen Farbschicht zu verbinden. Auf diese Art habe ich Liquin immer verwendet. Ist das eine legitime Verwendung, kann man das so machen?
W&N: Ich würde sagen, diese Methode macht es schwerer das Verhältnis von Liquin zu Farbe zu bestimmen, und daher ist es weniger ideal als gewissenhaftes Anmischen von Liquin mit Farbe für jede Lage.
Dave: Falls es in Ordnung ist, muss dann die gesamte Liquin-Schicht unbedingt mit Ölfarbe übermalt werden, bevor sie trocknet?
W&N: Ja. Liquin ist ein Malmittel, und es ist dazu bestimmt mit Ölfarbe zusammen verwendet zu werden und nicht allein. Wenn Sie „übermalt“ sagen, meinen Sie dann eher „in die Schicht hineingemischt?“. Es wäre nicht so gut, einfach etwas Ölfarbe auf frisches Liquin aufzulegen, ohne sie wirklich zu vermischen. Die Elastizität der Schichten wäre sehr unterschiedlich. Wenn man beide Schichten ausreichend vermischt, gleicht sich das wieder an.
Dave: Wenn in meiner Methode ein Stück Leinwand, das ich mit Liquin eingestrichen habe, nachher keine Ölfarbe abbekommt, ist das ein Problem?
W&N: Wenn Sie beabsichtigen, dass eine weitere Schicht reine Ölfarbe auf die pure Schicht Liquin kommen soll, dann könnte es Probleme mit der Haftung geben. Es ist schwer das mit Sicherheit zu sagen. Es ist eine von den Situationen wo ich mich auf mein Allgemeines Wissen über die Materialien verlasse und sie ihrer Bestimmung gemäss verwende: Liquin ist ein Malmittel und sollte mit Farbe gemischt verwendet werden anstatt allein.
Dave: Ich stelle fest, dass die Oberfläche von trockenem Liquin sehr glatt und rutschig wirkt, und ich mach mir Sorgen über Probleme mit der Haftung für die kommenden Lagen – gibt es diese Haftungsprobleme, oder ist Liquin eher eine Hilfe dabei Farbschichten besser zu verbinden? Ich hoffe es ist nicht vonnöten, die Liquinschicht mit Sandpapier anzurauhen?
W&N: Dazu verweise ich auf meine vorherige Antwort. Liquin sollte entweder in gleichbleibender Menge in jeder Farbschicht vorkommen oder in allmählich zunehmender oder abnehmender Menge. Auf diese Weise ist man auf der sicheren Seite, was die Langlebigkeit des Bildes betrifft. Wenn man erwartet, dass Ölfarbe ohne jegliches Liquin auf einer puren Liquinschicht haften soll, dann stellt das auf Dauer wahrscheinlich zu hohe Ansprüche an die Farbe.
Dave: Wenn man einfach Ölfarbe mit Liquin mischt und auf eine getrocknete Farbschicht aufträgt, erhält man dann eine genauso starke Bindung zwischen alter und neuer Lage wie wenn man die ganze Leinwand mit einer dünnen Schicht Liquin versieht?
W&N: Ich bin nicht ganz sicher wie Sie das meinen, aber mit dem Mischen von Liquin und Farbe sin Sie auf der richtigen Spur.
Dave: Falls beide Methoden für das Malen auf getrocknete Ölfarbe geeignet wären, kann man entweder die eine oder die andere verwenden, oder beides gleichzeitig (Liquin als „couch“ und als Malmittel)?
W&N: Es ist besser, wenn man das Liquin direkt in die Ölfarbe mischt, anstatt nass in nass auf der Leinwand. Ausser wenn Sie sicher sein können, dass das Liquin in Ihrer "couch" auf der Leinwand vollkommen mit der Ölfarbe vertrieben und vermischt wird.
Dave: Eine Eigenschaft des Original Liquins ist die Verkürzung der Trocknungszeit von Ölfarben. Ich mag das, aber ich habe festgestellt dass wenn ich eine dünne Schicht Liquin auf meine Leinwand lege, dass diese nach eineinhalb Stunden anzieht und beginnt klebrig zu werden, so dass es schwieriger wird mit Ölfarbe darüber zu malen. Das ist vor allem bei grossen Formaten so. Kann ich die schnelle Trocknung irgendwie verzögern oder sollte ich dann einfach ein Malmittel verwenden das langsamer trocknet als Liquin?
W&N: Ich nehme an, dass die Beigabe von etwas Leinöl die Trocknung etwas verzögern würde, aber damit haben wir wieder dieselbe Situation über die wir schon gesprochen haben. Sie müssten dann darauf achten, einen gleichbleibenden Anteil von Leinöl und Liquin beizubehalten, oder Sie setzen das gleichmässige Durchtrocknen Ihres Bildes und damit seine Langlebigkeit aufs Spiel.
Dave: Bevor ich besser über Liquin bescheid wusste, habe ich einmal einen schöne glänzende (dünne) Schicht Liquin als Schutz über ein Bild gestrichen, etwa einen Monat nach der Fertigstellung. Ich habe seitdem erfahren, dass es nicht empfehlenswert ist, Liquin als „Firniß“ zu verwenden und seitdem habe ich es auch nie mehr getan (ups!). Werde ich mit diesem Bild langfristig Probleme bekommen, ausser vielleicht leichtes Vergilben. Mir ist klar dass die Liquin Schicht dauerhaft ist und nicht mehr durch Verdünner abgetragen werden kann. Kann ich aber darüber nach 6-12 Monaten nochmals eine Schicht Schlussfirniss auftragen?
W&N: Sie haben recht: Liquin ist kein Firniss. Es ist auf die Verwendung als schnelltrocknendes Malmittel abgestimmt. Die Verwendung als abschliessende Schutzschicht oder Firniss kann mit der Zeit zu Problemen führen. Wenn eine deckende Schicht Liquin aufgetragen wird, bevor die Ölfarbe die Möglichkeit hatte voll durchzutrocknen (zu oxidieren), können mindestens zwei unerwünschte Effekte auftreten:
1) Die Ölfarbe braucht volle 6 Monate (bei pastösen Farbschichten auch mehr) um die volle Menge Sauerstoff aufzunehmen die ihr eine stabile Struktur gibt. Da Liquin auf einem Alkydharz basiert – das wesentlich schneller als Ölfarbe oxidiert – schliesst das Liquin die Ölfarbe von dem dringend benötigten Sauerstoff ab, wenn es als Firnissschicht aufgetragen wird. Die Ölfarbe kann den Trocknungsprozess nicht abschliessen, und kann sich eventuell verschieben oder ablösen, wenn das Liquin zu einer sauerstoffundurchlässigen Schicht getrocknet ist.
2) Während die Liquinschicht sich setzt und oxidiert, sinkt es auch in die Farbschicht die darunter liegt. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber die Funktion eines idealen Firniss ist es, eine separate Schlussschicht zu bilden, die später bei Restaurierungen wieder abgelöst werden kann. Liquin wird eine unauflösliche Schiht bilden, es kann nicht mehr von der Farbe getrennt werden. Es wird damit unmöglich, das Bild zu restaurieren, ohne wesentliche Teile neu zu malen.
Wenn Sie nach einer Schutzschicht suchen, die früher aufgetragen werden kann als erst nach sechsmonatiger Trockenzeit, dann ist unser Vorschlag, einen Retuschierfirniss zu verwenden. Dieser kann bereits etwa einen Monat nach Abschluss des Malens aufgetragen werden. Er vereinheitlicht den Oberflächenglanz, bietet der Farbe Schutz, und braucht nicht abgetragen werden wenn nach einigen Monaten der Schlussfirnis aufgebracht wird.
Manche Künstler bringen auch nach 6-12 Monaten Trocknungszeit eine Schicht Liquin auf ihr Bild, einfach weil sie den seidigen Overflächenschimmer mögen. Besser geeignet wäre dafür jedoch unser Künstlerfirniss matt gemischt mit unserem Künstlerfirniss glänzend. So erhält man einen seidigen Glanz und hat doch eine voll ablösbare Firnissschicht.
Ob Sie mit einem Schlussfirniss über einer Liquinschicht Probleme bekommen würden, ist schwer zu sagen. Es wäre zumindest gut, die verbleibende Zeit bis zu den 6-12 Monaten zu warten. Danach können Sie einen Firniss Ihrer Wahl auftragen.
[…]
Ich hoffe diese e-mail kann Ihnen weiterhelfen und gibt Ihnen die nötigen Informationen für Ihren Malprozess. Wenn Sie weitere Fragen haben, lassen Sie es uns wissen.
Mit freundlichen Grüssen
Marla Morrison
Technischer Berater
Gruss
Marigold
im Wetcanvas-Forum hat vor einiger Zeit ein Mitglied eine e-mail geposted, die er an Winsor&Newton geschrieben hat bezüglich Fragen zum Malmittel Liquin. Er postet auch die Antworten, die die technische Expertin des Herstellers gegeben hat. Ich finde, dieser Maler stellt sehr gute Fragen die bei der Verwendung von Liquin immer wieder auftauchen.
Ich denke dass daran hier im Forum auch Interesse bestehen könnte, und hatte mal versprochen eine Übersetzung des Briefes von W&N hier zu veröffentlichen. Rosis Frage hat mich wieder daran erinnert.
Hier der Link zum Original-thema: Best practices for using Liquin and Misuses to be avoided
Und hier der Text: :00000402:
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Dave: Meine Fragen stammen aus Internetforen, besonders Wetcanvas.com, und aus anderen Gesprächen mit Künstlern über ihre Art zu Malen und ihre Verwendung von Liquin. Ich bin vielen Künstlern begegnet, die auf Liquin schwören und die mit dem Produkt sehr zufrieden sind. Ich habe aber auch Leute gefunden, die sich genause stark gegen die Verwendung von Liquin aussprechen und sich sogar davor fürchten, es in ihren Ölbildern zu verwenden. Von den Gegnern wurden Behauptungen über Delamination in den Raum geworfen. Das hat mich alles sehr verwirrt. Ich habe lange Abhandlungen über das Für und Wider und die richtige und falsche Verwendung von Liquin gelesen, aber es sind immer noch Fragen offen.
Ich habe online ein paar Vorführungen gefunden, die wie offizielle Anleitungen von Winsor & Newton über die Eigenschaften von Liquin aussahen, und darüber wie es mit Ölfarben verwendet werden kann. http://www.youtube.com/watch?v=_GqKKYB8W7Y&NR=1 In diesem Beisiel werden einige Liquin-Produkte vorgeführt. Ich war erstaunt, wieviel Liquin zu den Ölfarben zugegeben wird! Ich hatte gedacht es wäre ein 80% zu 20% Kombination von Ölfarbe zu Malmittel, normalerweise ist das das Maximum an Malmittel. In dem Video scheint das Verhältnis beinahme andersherum, mit viel mehr Liquin als Ölfarbe. Gibt es ein empfohlenes Verhältnis von Ölfarbe zu Liquin die man beim Mischen beachten sollte? Ist es möglich zuviel Liquin zu verwenden?
W&N: Das Video mit der Vorführung in dem Link war mir nicht bekannt. Winsor & Newton gibt recht konservative Empfehlungen für das Verhältnis von Liquin zu Ölfarbe. Natürlich können Künstler darüber hinausgehende Mengen verwenden, solange die Regeln von fett auf mager, langsamtrocknent über schnelltrocknend Beachtung finden (wie es der Künstler in dem Video gemacht hat). Winsor und Newton rät dazu, nicht mehr als 1 Teil Liquin auf 2 Teile Ölfarbe zu nehmen. Mehr Liquin kann zu Runzeln und Wellen im Farbfilm führen, besonders wenn dicke Ölfarbe oder zusätzliches Leinöl hinzukommen. Um einen dauerhalften, zuverlässigen Farbfilm zu erhalten, sollte das angegebene Höchstmass beachtet werden.
Dave: Ist es in Ordnung, Leinöl oder andere Malmittel mit Liquin zusammen zu verwenden?
W&N: Die Empfehlung von Winsor und Newton lautet auch hier wieder, dass nur EIN Malmittel oder Öl pro Bild verwendet werden sollte. Sie können sich vorstellen, dass die Einhaltung der grundlegende Mal-regeln mit jedem zusätzlichem Material komplizierter wird. Mein Vorschlag wäre, dass Sie einmal versuchen in einigen Bildern ausschliesslich Liquin zu verwenden, bis Sie damit vertraut sind. Wenn Sie dann immer noch glauben auf Leinöl nicht verzichten zu können, geben sie zuerst nur kleine Mengen dazu. Halten Sie vor allem die Ölmenge in allen Farbschichten stabil. Tauchen sie zum Beispiel ihren Pinsel jedesmal in ein wenig Leinöl, bevor Sie damit das Liquin in die Ölfarbe mischen.
Dave: Wenn man Leinöl zu Liquin geben darf, dann macht es die Farbe aber fetter, oder?
W&N: Ganz so ist es nicht. Eine andere Beschreibung für „Fett auf Mager“ könnte lauten: „Elastische über weniger elastische Schichten“ Während Leinöl eindeutig „Fett“ ist, und Liquin ein Alkydharz - teilweise Fett (Sojaöl) teilweise Alkohol (Glycol), ist die spannende Sache an Liquin, dass es letztendlihc elastischer ist als Leinöl, jedenfalls langfristig nach dem Trocknen. Öle behalten nach dem Trocknen noch ca. 1-2% ihrer Flexibilität des nassen Öls. Alkydharze wie Liquin behalten dagegen mit 8-10% der ursprünglichen Flexibilität. Liquin verhält sich also wie ein fetteres Malmittel, denn es ist elastischer. Wenn Sie also wegen der Flexibilität mit Leinöl malen wollen, sollten Sie wissen dass Leinöl noch flexibler bzw. elastischer ist als Leinöl.
Dave: Darf zu Liquin Terpentin oder anderes Lösungsmittel hinzugefügt werden? Wenn ja, wird das Liquin dann dadurch magerer?
W&N: Das Lösungsmittel dass wir in Kombination mit Liquin empfehlen ist Sansodor, ein leicht aromatisches Mineralöl. Terpentin macht Liquin eher gummiartig und klebrig, deshalb ist es nicht zu empfehlen. Wenn Sansodor mit Liquin verwendet wird, macht es die Mischung magerer, analog zu Lösungsmitteln die zu Ölfarbe gegeben werden.
Dave: Regeln der Ölmalerei http://www.youtube.com/watch?v=f9nrQ1yyXV4&feature=mfu_in_order&list=ULIn diesem video kommt Liquin nicht vor, jedoch die Regeln „fett über mager“ und „dick über dünn“ und „langsam trocknend über schnelltrocknend“. Nach meinem Verständnis wird Liquin als „fett“ betrachtet und ist ebenso sehr elastisch. Die Hinweise in dem Video leiten mich an, immer mehr fettes bzw elastisches Malmittel zu jeder Schicht Farbe hinzuzufügen. Meine Frage lautet: Kann ich einfach dieselbe Menge Liquin in allen Schichten verwenden, oder muss ich in jeder Lage die Menge an Liquin vergrössern?
W&N: Ich habe mir das Video angesehen, weil es mir nicht bekannt war. Zwischen Liquin und Ölen oder ölreichen Malmitteln gibt es Unterschiede, die dafür sorgen dass Liquin seine eigenen „Regeln“ hat. Die optimale Weise, Liquin zu verwenden, ist mit der gleichen Menge Liquin in allen Farbschichten. Die anderen zwei Möglichkeiten sind, entweder schrittweise die Menge zu erhöhen, oder mit viel Liquin zu beginnen und dann immer weniger zu werden. Der Schlüssel liegt in der allmählichen Veränderung. Was vermieden werden sollte ist ein Sandwich-artiger Aufbau, etwa so: erste Lage, 40% Liquin – 60% Farbe. Nächste Lage, 10% Liquin – 90% Farbe. Und nächste: 30% Liquin – 70% Farbe. Das Problem in diesem Beispiel ist sind die plötzlichen Unterschiede im Liquinanteil von Lage zu Lage.
Dave: Ich habe auch Beispiele gesehen, die nicht aus offiziellen W&N Vorführungen stammen: http://www.youtube.com/watch?v=QteAPiwXYKM&feature=related, die zeigen wie Künstler die ganze Oberfläche der Leinwand dünn mit Liquin einstreichen und dann in diese Schicht hineinmalen, ich glaube das nennt man „painting in a couch“ und es soll helfen, neue Ölfarbe mit der darunter liegenden trockenen Farbschicht zu verbinden. Auf diese Art habe ich Liquin immer verwendet. Ist das eine legitime Verwendung, kann man das so machen?
W&N: Ich würde sagen, diese Methode macht es schwerer das Verhältnis von Liquin zu Farbe zu bestimmen, und daher ist es weniger ideal als gewissenhaftes Anmischen von Liquin mit Farbe für jede Lage.
Dave: Falls es in Ordnung ist, muss dann die gesamte Liquin-Schicht unbedingt mit Ölfarbe übermalt werden, bevor sie trocknet?
W&N: Ja. Liquin ist ein Malmittel, und es ist dazu bestimmt mit Ölfarbe zusammen verwendet zu werden und nicht allein. Wenn Sie „übermalt“ sagen, meinen Sie dann eher „in die Schicht hineingemischt?“. Es wäre nicht so gut, einfach etwas Ölfarbe auf frisches Liquin aufzulegen, ohne sie wirklich zu vermischen. Die Elastizität der Schichten wäre sehr unterschiedlich. Wenn man beide Schichten ausreichend vermischt, gleicht sich das wieder an.
Dave: Wenn in meiner Methode ein Stück Leinwand, das ich mit Liquin eingestrichen habe, nachher keine Ölfarbe abbekommt, ist das ein Problem?
W&N: Wenn Sie beabsichtigen, dass eine weitere Schicht reine Ölfarbe auf die pure Schicht Liquin kommen soll, dann könnte es Probleme mit der Haftung geben. Es ist schwer das mit Sicherheit zu sagen. Es ist eine von den Situationen wo ich mich auf mein Allgemeines Wissen über die Materialien verlasse und sie ihrer Bestimmung gemäss verwende: Liquin ist ein Malmittel und sollte mit Farbe gemischt verwendet werden anstatt allein.
Dave: Ich stelle fest, dass die Oberfläche von trockenem Liquin sehr glatt und rutschig wirkt, und ich mach mir Sorgen über Probleme mit der Haftung für die kommenden Lagen – gibt es diese Haftungsprobleme, oder ist Liquin eher eine Hilfe dabei Farbschichten besser zu verbinden? Ich hoffe es ist nicht vonnöten, die Liquinschicht mit Sandpapier anzurauhen?
W&N: Dazu verweise ich auf meine vorherige Antwort. Liquin sollte entweder in gleichbleibender Menge in jeder Farbschicht vorkommen oder in allmählich zunehmender oder abnehmender Menge. Auf diese Weise ist man auf der sicheren Seite, was die Langlebigkeit des Bildes betrifft. Wenn man erwartet, dass Ölfarbe ohne jegliches Liquin auf einer puren Liquinschicht haften soll, dann stellt das auf Dauer wahrscheinlich zu hohe Ansprüche an die Farbe.
Dave: Wenn man einfach Ölfarbe mit Liquin mischt und auf eine getrocknete Farbschicht aufträgt, erhält man dann eine genauso starke Bindung zwischen alter und neuer Lage wie wenn man die ganze Leinwand mit einer dünnen Schicht Liquin versieht?
W&N: Ich bin nicht ganz sicher wie Sie das meinen, aber mit dem Mischen von Liquin und Farbe sin Sie auf der richtigen Spur.
Dave: Falls beide Methoden für das Malen auf getrocknete Ölfarbe geeignet wären, kann man entweder die eine oder die andere verwenden, oder beides gleichzeitig (Liquin als „couch“ und als Malmittel)?
W&N: Es ist besser, wenn man das Liquin direkt in die Ölfarbe mischt, anstatt nass in nass auf der Leinwand. Ausser wenn Sie sicher sein können, dass das Liquin in Ihrer "couch" auf der Leinwand vollkommen mit der Ölfarbe vertrieben und vermischt wird.
Dave: Eine Eigenschaft des Original Liquins ist die Verkürzung der Trocknungszeit von Ölfarben. Ich mag das, aber ich habe festgestellt dass wenn ich eine dünne Schicht Liquin auf meine Leinwand lege, dass diese nach eineinhalb Stunden anzieht und beginnt klebrig zu werden, so dass es schwieriger wird mit Ölfarbe darüber zu malen. Das ist vor allem bei grossen Formaten so. Kann ich die schnelle Trocknung irgendwie verzögern oder sollte ich dann einfach ein Malmittel verwenden das langsamer trocknet als Liquin?
W&N: Ich nehme an, dass die Beigabe von etwas Leinöl die Trocknung etwas verzögern würde, aber damit haben wir wieder dieselbe Situation über die wir schon gesprochen haben. Sie müssten dann darauf achten, einen gleichbleibenden Anteil von Leinöl und Liquin beizubehalten, oder Sie setzen das gleichmässige Durchtrocknen Ihres Bildes und damit seine Langlebigkeit aufs Spiel.
Dave: Bevor ich besser über Liquin bescheid wusste, habe ich einmal einen schöne glänzende (dünne) Schicht Liquin als Schutz über ein Bild gestrichen, etwa einen Monat nach der Fertigstellung. Ich habe seitdem erfahren, dass es nicht empfehlenswert ist, Liquin als „Firniß“ zu verwenden und seitdem habe ich es auch nie mehr getan (ups!). Werde ich mit diesem Bild langfristig Probleme bekommen, ausser vielleicht leichtes Vergilben. Mir ist klar dass die Liquin Schicht dauerhaft ist und nicht mehr durch Verdünner abgetragen werden kann. Kann ich aber darüber nach 6-12 Monaten nochmals eine Schicht Schlussfirniss auftragen?
W&N: Sie haben recht: Liquin ist kein Firniss. Es ist auf die Verwendung als schnelltrocknendes Malmittel abgestimmt. Die Verwendung als abschliessende Schutzschicht oder Firniss kann mit der Zeit zu Problemen führen. Wenn eine deckende Schicht Liquin aufgetragen wird, bevor die Ölfarbe die Möglichkeit hatte voll durchzutrocknen (zu oxidieren), können mindestens zwei unerwünschte Effekte auftreten:
1) Die Ölfarbe braucht volle 6 Monate (bei pastösen Farbschichten auch mehr) um die volle Menge Sauerstoff aufzunehmen die ihr eine stabile Struktur gibt. Da Liquin auf einem Alkydharz basiert – das wesentlich schneller als Ölfarbe oxidiert – schliesst das Liquin die Ölfarbe von dem dringend benötigten Sauerstoff ab, wenn es als Firnissschicht aufgetragen wird. Die Ölfarbe kann den Trocknungsprozess nicht abschliessen, und kann sich eventuell verschieben oder ablösen, wenn das Liquin zu einer sauerstoffundurchlässigen Schicht getrocknet ist.
2) Während die Liquinschicht sich setzt und oxidiert, sinkt es auch in die Farbschicht die darunter liegt. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber die Funktion eines idealen Firniss ist es, eine separate Schlussschicht zu bilden, die später bei Restaurierungen wieder abgelöst werden kann. Liquin wird eine unauflösliche Schiht bilden, es kann nicht mehr von der Farbe getrennt werden. Es wird damit unmöglich, das Bild zu restaurieren, ohne wesentliche Teile neu zu malen.
Wenn Sie nach einer Schutzschicht suchen, die früher aufgetragen werden kann als erst nach sechsmonatiger Trockenzeit, dann ist unser Vorschlag, einen Retuschierfirniss zu verwenden. Dieser kann bereits etwa einen Monat nach Abschluss des Malens aufgetragen werden. Er vereinheitlicht den Oberflächenglanz, bietet der Farbe Schutz, und braucht nicht abgetragen werden wenn nach einigen Monaten der Schlussfirnis aufgebracht wird.
Manche Künstler bringen auch nach 6-12 Monaten Trocknungszeit eine Schicht Liquin auf ihr Bild, einfach weil sie den seidigen Overflächenschimmer mögen. Besser geeignet wäre dafür jedoch unser Künstlerfirniss matt gemischt mit unserem Künstlerfirniss glänzend. So erhält man einen seidigen Glanz und hat doch eine voll ablösbare Firnissschicht.
Ob Sie mit einem Schlussfirniss über einer Liquinschicht Probleme bekommen würden, ist schwer zu sagen. Es wäre zumindest gut, die verbleibende Zeit bis zu den 6-12 Monaten zu warten. Danach können Sie einen Firniss Ihrer Wahl auftragen.
[…]
Ich hoffe diese e-mail kann Ihnen weiterhelfen und gibt Ihnen die nötigen Informationen für Ihren Malprozess. Wenn Sie weitere Fragen haben, lassen Sie es uns wissen.
Mit freundlichen Grüssen
Marla Morrison
Technischer Berater
Gruss
Marigold
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